man‎Melchior "gen. Melchior Goldast von Haiminsfeld" Guldinast‏‎
Geb. ‎6 Jan 1578 in Bischofszell-Espen, Bischofszell, TG, CHE.
Gest. ‎11 Aug 1635 in Giessen,, Hessen, DEU‎, Alter 57 Jahre.
Beruf: Jurist, Humanist, Polyhistor
BIOGRAPHIE:
Eine der eigenartigsten, gelehrtesten, aber auch schillerndsten Persön­lichkeiten, die der Thurgau hervorgebracht hat, ist Melchior Goldast. Wer immer sich mit der Geistesgeschichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit, speziell mit Literatur, Geschichte, Recht und Staats­recht befasst, wird diesem Namen begegnen.
Aber schon mit dem Namen hat es eine eigenartige Bewandtnis. Von Haus aus hiess der Mann Guldinast. Seine Vorfahren waren von Bischofszell nach Konstanz übersiedelt und hatten es dort zu Ansehen gebracht. Als der Reformator Johannes Zwick im Jahre 1542 nach Bischofszell zog, um dort zur Pestzeit auszuhelfen, da zog auch ein Verwandter, Melchiors Vater Heinrich, mit ihm in seine ange­stammte Heimat und nahm sich Cleophea Gonzenbach zur Frau. Am 6. Januar 1578 kam ihr Söhnchen im Weiler Espen östlich des Thur­städtchens zur Welt und nannte sich in seiner Jugend- und Studenten-zeit richtigerweise Melchior Guldinast. Später konstruierte Melchior Beziehungen zu einer ausgestorbenen Konstanzer Patrizierfamilie Goldast, signierte ab 1600 mit diesem Namen und setzte, um das Blaublütige zu unterstreichen, auch noch «von Haiminsfeldt» dazu.
Lesen und Schreiben lernte der aufgeweckte Knabe im Chorherren­stift St.Pelagius. Zwischen 1590 und 1594 besuchte er das Gymnasium im schwäbischen Memmingen. Darauf studierte er zunächst in Ingol­stadt und dann an der protestantischen Universität zu Altdorf bei Nürnberg Jura und Philosophie, konnte aber wegen Geldmangels nicht abschliessen. Er kehrte nach Bischofszell zu seiner Mutter zurück - sie hatte nach dem Tod des Vaters wieder geheiratet - und entwarf hier zum Zeitvertreib ein griechisch-lateinisches Wörterbuch, wobei er auch Ausdrücke aus dem Hebräischen, Mittellateinischen, Deutschen, Französischen, Tschechischen, Flämischen, Niedersächsi­schen und Schweizerdeutschen beizog.
1599 kam Goldast ins Haus des hochgebildeten St.Galler Anwalts Dr. Bartholomäus Schobinger. Dieser Freund und Sammler alter Schriften und Bücher merkte bald, dass die Leidenschaft für Handschriften und Urkunden auch in seinem Gehilfen zu brennen begann. Er beabsichtigte, mit Goldasts Hilfe die Schriften Vadians sowie Texte mittelalterlicher und antiker Autoren herauszugeben. Einiges erschien mit einem wissenschaftlichen Apparat, der die stu­pende Gelehrsamkeit Goldasts bezeugt. Schobinger lieh sich zeit­weise die Manessische Liederhandschrift aus. Goldast vertiefte sich gierig darein und veröffentlichte einiges daraus.
Dazwischen sieht sich Goldast auch in Genf und Lausanne um, studiert, erlebt die Escalade und lässt dies und das drucken. Er wird Sekretär des Herzogs von Bouillon und hält sich mit ihm am kurpfälzi­schen Hof zu Heidelberg auf. Da stirbt Schobinger ganz unverhofft, erst 38-jährig. Goldast ist erschüttert. Zeitlebens bleibt er seinem Freund dankbar dafür, dass er die Liebe zu sprachlichen Altertümern in ihm geweckt hat.
Bald nach Schobinger starb auch Goldasts Mutter. Zeitweise hielt sich Melchior nun in Bischofszell auf und verkaufte das elterliche Haus. Dazwischen tauchte er immer wieder in Frankfurt am Main auf und gab eigene und fremde Schriften heraus.
Nun muss gesagt werden, dass Goldast wohl ein ausgezeichneter und oft beanspruchter Rechtskenner war, dass er aber anderseits seine Quellen nicht besonders schonungsvoll behandelte. So gestand er selbst, er habe aus mehr als einem Kodex Blätter «flucks heraus ge­rissen und in seine hossen gestossen». Man weiss heute, dass auch ganze Bücher auf unsaubere Weise in seinen Besitz gelangten, doch hat sich der Thurgauer gegenüber dem Vorwuf des Diebstahls, der hauptsächlich von den St. Galler Bibliotheken erhoben wurde, immer wieder zu wehren gewusst.
Im Frühling 1606 zog Goldast nach Frankfurt am Main. Diese Stadt galt als Drucker- und Verlegerzentrum. Hier hatte er bereits zwei sei­ner Hauptwerke drucken lassen (Arbeiten zur Geschichte zweier ger­manischer Stämme, der Sweben und der Alemannen), und hier gab er in den nächsten Jahren einige weitere wertvolle Werke heraus, unter anderem Schriften Ovids und Pirkheimers und hundert Gelehrtenbriefe mit Beiträgen von Vadian, Tschudi, Bullinger und anderen.
Dazwischen eilte er hierhin und dorthin, war Sekretär oder Berater dieses und jenes Fürsten und verfasste juristische Gutachten für Städte und Adelsfamiien. Aber reich wurde er nicht dabei, im Gegen­teil, meist litt er bittere Not. Trotzdem wagte er es, einen Hausstand zu gründen. Im Dezember 1612 ehelichte er die Frankfurterin Ottlia Sophia Jeckel, die ihm zwei oder drei Töchter schenkte.
Die Ernennung zum Schaumburgischen Hofrat in Bückeburg brachte 1615 einige ökonomische Erleichterung. Vier Jahre später traf er erstmals mit Kaiser Ferdinand II. zusammen, der ihm den Auftrag gab, die rechtlichen Aspekte der Erbfolge in Böhmen darzustellen. Das katholische Haus Habsburg bemühte hiezu den reformierten Schweizer, weil nur er in der Lage war, diese Arbeit auszuführen und die Belege beizubringen. Die Abhandlung - wie alle wissenschaftlichen Werke Goldasts lateinisch geschrieben - erschien 1627 in drei Bänden unter dem Titel «Commentarii de regni Bohemiae juribus» und zog die Beförderung zum Kaiserlichen Rat nach sich.
Schon vorher war Goldast in den Dienst des Landgrafen von Hessen getreten und nach Giessen gezogen. Dort starb am 1. Februar 1630 seine Frau, und am 11. August 1635 schloss auch er seine Augen für immer.
Gegen siebzig seiner Werke liegen gedruckt vor, und sie berühren alle Fakultaten. Für Theologen, Juristen, Philosophen, Historiker, Philolo gen und Numismatiker hat Goldast geschrieben und Altes ver­mittelt, wobei seine Zuverlassigkeit nicht durchwegs über alle Zweifel erhaben ist.
Goldast pflegte auch einen ausgedehnten Briefwechsel mit andern Gelehrten. An die zwanzig europaische Bibliotheken bewahren Briefe von und an Melchior Goldast auf, die zum Teil schon im 17. und 18. Jahrhundert gedruckt worden sind.
Sein Stolz, seine Freude und sein einziger Reichtum war seine Bibliothek. Wurde sie auf zweifelhafte Weise zusammengetragen, so fiel sie auf ungewöhnliche Art wieder auseinander. In den unruhigen Zeiten des Dreissigjährigen Krieges wollte sie Goldast in Sicherheit wissen. Etwa 4000 seltene Druckwerke verpackte er in Kisten und Fässer und liess sie 1625 nach Bremen bringen. Dort wurden sie in einem unbenützten Raum eines Schulhauses aufgestapelt und ge­rieten in Vergessenheit. Erst elf Jahre nach Goldasts Tod stiess man darauf. Die Bremer merkten gleich, was für Kostbarkeiten ihnen das Schicksal da in die Hände gespielt hatte. Sie traten in Verbindung mit Goldasts Erben, kauften ihnen die Sammlung ab und legten mit den so erworbenen Raritäten den Grundstock für eine Stadtbibliothek. Doch lange konnten sie sich ihrer Schätze nicht freuen. Schwedens Königin Christine war damals Oberherrin in Bremen. Diese vielseitig interessierte junge Herrscherin schrieb den Bremern, sie hätte «zu allerhand Aniquiteten grosse Behebung» und sie würden ihr einen Ge­fallen erweisen, wenn sie sich ihr gegenüber willfährig erzeigten. Wohl oder übel mussten die Bibliothekare zuschauen, wie ein Abgesandter der Königin, seinerseits ein Fachmann, die besten Kodexe für Stock­holm aussuchte. Als dann Christine dem Thron entsagte und nach Rom zog, da nahm sie einen Teil der Bremer Erwerbungen mit sich und schenkte sie nach ihrer Konversion zum Katholizismus dem Papst.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1948, gab die Stadt Bremen 50 wert­volle St.Galler Urkunden und 98 Vadian-Briefe an St. Gallen zurück, sodass heute Teile der Goldastschen Bücher-, Urkunden- und Hand­schriften-Sammlung vor allem in den Bibliotheken Bremens, Stock­holms, St. Gallens und des Vatikans zu finden sind.


Goldast, Melchior, genannt von Haimisfeld, deutscher Publizist und Historiker, geb. 6. Jan. 1578 zu Espen im Thurgau, studierte zu Ingolstadt und Altdorf die Rechte, mußte aber 1598 wegen Armut die Universität verlassen. Nachdem er sich eine Zeitlang in der Schweiz aufgehalten, auf der Bibliothek von St. Gallen studiert und in Genf als Hauslehrer gewirkt hatte, ging er 1603 als Sekretär des Herzogs von Bouillon nach Heidelberg und Frankfurt a. M. 1604 ward er Hofmeister eines Freiherrn von Hohensax zu Forsteck, lebte aber bald wieder unstet in mehreren Städten der Schweiz, bis er 1606 nach Frankfurt zurückkehrte, wo er sein Leben kümmerlich durch Schriftstellerei fristete. 1611 wurde er sachsen-weimarischer Rat, doch gab er schon 1615 diese Stellung wieder auf, um in die Dienste des Grafen von Schaumburg zu treten; er lebte bis 1624 in Bückeburg.

Später war er als kaiserlicher und kurtrierscher Rat bei mehreren Missionen tätig, stand zuletzt in hessen-darmstädtischen Diensten und starb als Kanzler der Universität zu Gießen 1635. Seine Korrespondenz war eine sehr ausgedehnte, die Zahl seiner Schriften, welche sich über alle Wissenschaften verbreiten und in vortrefflichem Latein verfaßt sind, eine ungeheure. Durch seine freie Schreibart zog er sich viele Feinde zu, unter andern Scippius und Lipsius.

Seine Schriften sind meist die Resultate gründlicher Forschungen auf dem Gebiet der mittelalterlichen Geschichte und des Staatsrechts; doch ist er in der Aufnahme von Urkunden oft kritiklos verfahren, es finden sich in seinen Sammlungen eine große Zahl unechter. Von seinen Werken sind zu nennen: »Scriptores rerum suevicarum« (Frankf. 1605; neue Ausg., Ulm 1727);
»Scriptores rerum alemannicarum« (Frankf. 1606, 3 Bde.; neue Ausg. 1730);
»Constitutionum imperialium collectio« (das. 1613, 4 Bde.; neue Ausg. 1674);
»Monarchia romani imperii« (Hannov. 1611–14, 3 Bde.);
»Commentarii de regni Bohemiae juribus« (das. 1627, 2 Bde.).
Er gab auch Wilibald Pirkheimers und de Thous Schriften heraus. Die Reste seiner reichhaltigen Bibliothek werden in Bremen aufbewahrt.

weiterführende Info: HLS NDB ADB GND VIAF

Verheiratet ‎14 Dez 1612 in Frankfurt,,, DEU, Alter 34 Jahre (verheiratet 17 Jahre) mit:

womanSophia Ottilia Jeckel‏, Alter bei Heirat 25 oder 26 Jahre
Geb. ‎1586 in Frankfurt,,, DEU.
Gest. ‎1 Feb 1630‎, Alter 43 oder 44 Jahre

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