Stammlinie Zehender
Quellen zur Person 1) 2) 3) Ratsgeschlecht des Freistaates Bern. Bürgerrecht 1528, 1534 und 1543. Grosser Rat 1531. Kleiner Rat 1580. Erloschen 1918 Geschichtliches. I. Vor dem Eintritt ins bernische Bürgerrecht. Die Heimat dieses alten Geschlechtes ist im heutigen Kanton Aargau, in der Nähe der Stadt Aarau zu suchen. Ursprünglich vielleicht Edelknechte der Grafen von Rore, kommen Träger des Namens Zehender, oder Seehender und Zechender, wie er in der Folge meist geschrieben wurde, schon im XIII. Jahrhundert in Urkunden vor. Im Erblehensbrief, «gegeben zu Bruck, Zinstag nach Galli 1276», in welchem Graf Hartmann von Habsburg den Edlen Jakob v. Kienberg mit der Veste Kienberg und verschiedenem andern belehnt, kommt auch vor «Item ein Schuppen zu Sarmenstorf gelegen, haben die Zehender von Aarau etc.» Schon 1270 erscheint urkundlich - allerdings nicht in Aarau - ein Träger des Namens Seehender, nämlich Wernher genannt Seehender, als Zeuge in Langenthal bei einer Donation des Ritters Wernher von Luternau an das Haus Thunstetten. In einer andern Urkunde vom 16. September 1299, handelnd vom Verkauf Aarburg's seitens des Grafen Volmar v. Froburg an die Herzoge Rudolf und Friedrich v. Oesterreich, behält sich der Verkäufer nebst drei andern Ministerialen samt deren Angehörigen und Gütern auch «Ruodolphen den Zehender» vor. Es ist dies wohl der nämliche, der 1302 als Zeuge bei einer Schenkung von Frau Anna, Rudolfs v. Rauchenstein sel. Witwe, an ihre Tochter Clarita erscheint. Von da an kommt der Name häufig in Urkunden vor und die Stammreihe der heutigen Zehender lässt sich mit ziemlicher Sicherheit ununterbrochen bis auf den genannten Rudolf zurückführen. Laut Familienstimmbuch soll er mit einer v. Hornberg vermählt gewesen sein, sein ältester Sohn Niklaus, gest. 1378, ist Stammvater der nachmaligen bernischen Zehender, ein anderer Sohn Johann lebte zu Aarau. Niklaus, geb. um 1290, erscheint 1355 als Zeuge beim Verkauf der Burg Königstein seitens der Gebrüder Wernher und Burkhard v. Königstein an ihren Bruder Heinrich, 1369 kauft er von Heinrich v. Heidegg um 29 Pfund die Vogtsteuer zu Teuffenthal. Von seiner Gemahlin Gertrudis - laut Familienbuch eine v. Schwertschwendi - hinterliess er drei Söhne: Hartmann 1319 - 1383, Marquard 1320 - 1415 und Niklaus 1322 - 1382. Die beiden erstem erscheinen 1384 in einem Spruchbrief vor Schultheiss und Gericht zu Solothurn, zwischen Heinrich v. Saffeton, dem Schultheissen zu Sursee, namens Anna, seiner Tochter, Hartmann Zehenders Wittib und Marquards, dessen Bruder, und Henz Reiber, Burger zu Solothurn anderseits, wegen 15 Stück Leinwand. Sonst ist über Hartmann nichts bekannt, ebensowenig über seine allfällig mit Anna v. Saffeton erzeugten Kinder. Marquard dagegen figuriert mit seinem Bruder Claus, beide als Burger zu Aarau, 1379 als Käufer eines Bodenzinses zu Schöftland, 1380 mit seinen Brüdern als Käufer von vier Schupposen Land zu Niederwyl und endlich auch als einer der Landrichter am vom Grafen Otto v. Thierstein am Mittwoch vor St. Johann 1399 zu Sonnengichten bei Zofingen abgehaltenen Landtage (vide Solothurner Wochenblatt 1821 p. 91). Auch später erscheint er als Zeuge und laut Jahrzeitbuch der Leutkirche von Aarau stiftete er mit seinen zwei Brüdern für ihren 1378 verstorbenen Vater Niklaus, ihre Mutter Gertrudis und ihren Oheim Johann Zehender eine reiche Stiftung, Marquards jüngster Sohn Ludwig (1380 - 1472), Vogt der Frommen zu Königsfelden 1404, des Rates zu Aarau 1420 - 1442 und Gotteshausschaffner, Schultheiss zu Aarau 1451 - 1460, erhielt namens dieser Stadt 1442 von Kaiser Friedrich III. das Mannlehen über die Herrschaft Königstein samt Erlisbach uud Küttingen, sagte es aber 1453 auf. Ein sehr reicher Mann, erscheint Ludwig 1465 als Junker und Herr zu Hohen-Selchingen in Schwaben. Dreimal verheiratet, zuerst mit Agnes Zielemp v. Farnsburg, dann mit Susanna v. Hohen-Landenberg, gest. 1457 und endlich 1458 mit Margaretha v. Rottenstein, welche in zweiter Ehe den Sieger von Murten, Hans v. Hallwyl, heiratete, hinterliess er von dieser nur einen Sohn Marquard, welcher nach 1535 als Seckelmeister von Aarau starb. Des Letzteren Vetter, auch Marquard genannt, Sohn des Hans Ulrich (1375-1450) und der Märgeli zum Haupt, wohnte 1476 mit andern aargauischen Edlen als Hauptmann der Schlacht von Murten bei und trat als erster seines Geschlechts in nähere Beziehungen zu Bern; 1480 wurde er Schultheiss zu Aarau und wird als solcher «domicellus» genannt, er starb erst 1509. Von seinen zwei ersten Frauen, Magdalena v.Luternau und Dorothea Mutschlin keine Kinder hinterlassend, heiratete er in hohem Alter 1501 Anna Laugnauer, mit welcher er drei Söhne zeugte, welche alle das bernische Bürgerrecht erwarben und zahlreiche Descendenz hinterliessen. Der Stamm der Zehender zu Aarau, welcher von den eingangs erwähnten Johann und Niklaus, Marquards I. Brüdern, herrührte, erlosch schon anfangs des XVII. Jahrhunderts, ein Johannes Zehender von Aarau soll u. a. 1535 - 1542 Komthur zu Hitzkirch gewesen sein. Als Wappen erscheint schon in dieser Periode in rot eine goldene Zehntgarbe, als Helmzier ein rotgekleideter Frauenrumpf mit aufgelöstem Haar. 2. Nach Eintritt ins bernische Bürgerrecht. Als erste Inhaber desselben erscheinen, wie schon erwähnt, des Schultheissen zu Aarau Marquard Söhne Hans Ulrich, Ludwig und Simon. Hans Ulrich, geb. 1501, gest. 1545, liess sich 1528 in Bern nieder und kaufte sich im gleichen Jahre zum Roten Löwen ein, 1531 gelangte er in den Grossen Rat, wurde in der Folge 1533 Hofmeister nach Königsfelden und 1540 Landvogt nach Chillion. Von seiner Frau, Christina zum Bach hinterliess er zahlreiche Kinder, von denen der zweite Sohn Marquard durch seine Gemahlin Magdalena Herbort Stammvater aller noch heute lebenden Zehender wurde. Hans Ulrichs jüngerer Bruder Ludwig (1503 - 1577) kaufte sich 1534 ebenfalls beim roten Löwen an, wurde 1540 der Burgern, 1546 Vogt nach Biberstein und 1570 nach Interlaken, von zweien Frauen hinterliess er Descendenz, die jedoch 1726 in Bern ausstarb. Der dritte Bruder endlich, Simon (1504 - 1566), lebte bis 1543 in Aarau und kam dann auch nach Bern und kaufte sich im gleichen Jahr wie seine Brüder beim roten Löwen ein, in der Folge gelangte auch er 1548 in den Grossen Rat und wurde 1557 Welschweinschenk; 1553 erscheint er als Herr zu Muhleren, und starb 1566 ohne Descendeuz. In ihrer neuen Heimat trieb der Stamm der Zehender sehr bald viele Zweige, von denen die zwei grössten von Marquard und Magdalena Herbort's beiden Söhnen Marquard und Samuel abstammen. Ersterer hinterliess von Elisabeth Wurstemberger und Anna v. Diesbach vier Söhne, die alle wieder Deszendenz hinterliessen, welche aber mit Ausnahme derjenigen seines zweiten Sohnes Haus Rudolf (1604 - 1657), verh. mit Anna Manuel, im XVIII. und im Beginn des XIX. Jahrhunderts ausstarb. Samuel (1584 - 1628), Landvogt zu Romainmotier, zeugte mit Helena Tillier fünf Söhne, die ebenfalls alle zahlreiche Söhne hinterliessen, deren Nachkommenschaft aber auch wieder meist gegen Ende des XVIII. Jahrhunderts erlosch; diejenige von Samuels ältestem Sohne, auch Samuel (1608 - 1650), verh. mit Barbara Ougspurger 1626, starb indessen erst 1870 mit dem Ingenieur Karl v. Zehender aus. Zwei Enkel des vierten Sohnes des Landvogts Samuels zu Romainmotier, Daniel(1612 - 1677) Niklaus (1688 - 1758) und Friedrich (1690 - 1745), gingen wegen der gesetzwidrigen Heirat ihres Vaters Emanuel (1657 - 17..) mit seiner Germaine Katharina Zehender des bernischen Burgerrechtes verlustig, traten in der Folge in spanische und neapolitanische Dienste, bekannten sich zur katholischen Religion und Hessen sich schliesslich in Neapel nieder, wo sie sich auch verheirateten, Im Jahr 1726 bewarben sie sich um Restitution des bernischen Bürgerrechtes, wurden aber abgewiesen. Ihre Deszendenz existiert wohl noch heutzutage in Neapel, Friedrichs Enkel Franz (1789 - 1840), verh. 18.. mit Donna C. del Gindra und Ludwig (1794 - 186.), verh. mit Donna C. Capello, hatten jeder drei Söhne, welche 1865 am Leben und teilweise verheiratet waren; der jetzige Bestand dieser letzten Linie der Familie Zehender, die in Bern nun auch dem Aussterben entgegengeht, konnte noch nicht ermittelt werden. Im XVII. und XVIII. Jahrhundert sehr zahlreich, ergriffen die Zehender in Bern seit ihrem Eintritt ins Burgerrecht meistens die Magistratur und waren von 1531 an bis zum Untergang der Republik ununterbrochen im Grossen Rate, mehrmals auch im Kleinen Rat oder Senat vertreten. Um 1651 erhielt das Geschlecht das Prädikat «vest» zuerkannt. Aber auch auf andern Gebieten betätigten sich Mitglieder der Familie, mehrere wurden Geistliche, andere wieder leisteten Tüchtiges in der Kunst und in der Wissenschaft; ferner versahen viele. Offiziersstellen in Frankreich und Spanien, sowie auch in Venedig, Holland, Oesterreich, Neapel, Piemont und später in England. Im XVII. Jahrhundert betrieben auch einige das Goldschmied- gewerbe, Marquard VI (1602 - 1655), Zeugherr 1640, führte einen ansehnlichen Tuchhandel. Von mannigfachen Schicksalsschlägen, welche das Geschlecht im Lauf der Zeit traf und ihm in Bern das Beiwort «vicissitude» verliehen, erholte sich dasselbe stets wieder, wie die verschiedenen Herrschaften und Landgüter zeigen, welche teilweise bis in die neuere Zeit den Zehender zu eigen waren. Es mögen von diesen u. a. genannt werden in deutscheo Landen Muhleren 1553, Worb (zur Hälfte, zugleich mit der Familie Graffenried) 1639 - 1668, Rufen ach ca. 1650 - 1709, ferner das Gurnigelbad 1770 - 1839, die Klosterdomäne Gottstatt 1803 - 1855, ein Landgut zu Herbligen 1700 bis 1810, das Schlösschen Windegg auf dem Butten berg bei Gottstadt um 1740, Riedburg 1804 - 1859; in welschen Landen die Herrschaften Daillens um 1563, später Rossens 1630 bis 1742, Syens 1654 - 1719, Chamblon um 1660, Bierre 1753 - 55, ferner Rossinges, Challebruz und Combremont und die Güter Bethusy bei Lausanne 1670 - 1693 und Beauregard ob Rolle. Was die Zunftangehörigkeit des Geschlechtes anbelangt, so sind die noch lebenden Glieder des Geschlechtes, wie die ersten Erwerber des Burgerrechtes, immer noch auf Mittellöwen, doch finden sich im XVII. und XVIII. Jahrhundert Zehender, die den Gesellschaften zu Metzgern, Webern, Möhren, Zimmerleuten und Affen angehörten. Die Zehender waren nun vermehrt als Schreiber oder Pfarrer tätig und wandten sich v.a. dem französischen und kaiserlichen, später dem holländischen und sardinischen Solddienst zu. Die wenigen Handwerker widmeten sich v.a. der Goldschmiedekunst. Mit ihrer Verdrängung aus dem Grossen Rat verlagerte sich der Heiratskreis im XVIII. Jahrhundert von der regierenden in die nicht regierende Berner Burgerschaft. Im XIX. Jahrhundert wanderten einzelne Familienmitglieder nach England und in die USA aus, ohne jedoch männlich Nachkommen zu hinterlassen. Mit dem Augenarzt Karl Wilhelm (1819 - 1916) starb das Geschlecht in männlichen Linie aus. Das Prädikat «von» trägt die Familie in Bern gestützt auf den Grossratsbeschluss von 1783. Besondere Erwähnung verdienen Samuel (1529 - 1564), ein Kriegsmann, der zuerst beim Papst, dann in Frankreich und Piemont diente, interessant namentlich durch sein noch vorhandenes Tagebuch; Marquard IV (1542 - 1610), 1580 des Kleinen Rates und Zeugherr, war an sehr vielen Gesandtschaften, 1581 zum König von Frankreich, 1582 zum Herzug von Savoyen, 1586 nach Mülhausen etc., auch entdeckte er 1588 als Landvogt von Lausanne die von Isbrand Daux gegen Bern angezettelte Verschwörung; sein Sohn Marquard V, (1581 - 1638), studierte in Heidelberg, Bremen und Oxford, des Kleinen Rates 1620 und 1631, Welschseckelmeister und Oberkommandant der Waadt 1635, ebenfalls sehr oft Gesandter, so 1618 nach Sitten, 1622 nach Lindau, 1623 an die Tag- satzung nach Baden, 1635 zum französischen Botschafter nach Solothurn; Hans Ulrich (1570 - 1614), des Grossen Rates 1601 Schultheiss nach Unterseen 1604, Gesandter nach Paris zu Heinrich IV 1601; Johann Jakob (1687 - 1766), erster Pfarrer am Münster und Dekan der Klasse Bern 1752, ein gelehrter Theologe, der mehrere Schriften in Druck herausgab, Verfasser einer sehr ausführlichen nicht gedruckten Kirchengeschichte der Stadt und Republik Bern von der Reformation an bis auf seine Zeit; Ludwig Emanuel (1720 - 1799), obrig- keitlicher Werkmeister, ein tüchtiger Architekt, Erbauer des Waisenhauses, des Kornhauses an der Speichergasse und der alten Kavalleriekaserne, Karl Ludwig (1751 - 1814), Maler und Kupferstecher; Samuel Gottlieb (1756 - 1840), Dekan der Klasse Nidau (1824 - 1832), Gründer und Vorsteher einer Erziehungsanstalt in Gottstatt, auch ein vortrefflicher Baumzüchter; von Militärs sind zu nennen Johann Friedrich (1673 - 1753), der sich unter Vendome in Katalonien aus- zeichnete, und Franz Ludwig (1766 - 1819), der zuerst in sardinischen Diensten stand und dann in englischen Diensten in Aegypten focht, wo er 1801 - 1803 Hafenkommandant von Alexandria war. In Bern selber existiert der Name Zehender im Mannesstamme nicht mehr, die letzten Träger desselben leben in Deutschland, Amerika und Neapel. (Info: SGB) weiterführende Info: HLS Wiki
Verheiratet / Verbunden mit:
N.N.
Kind:
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Quellen
1) Quelle: Bern: Genealogien burgerlicher Geschlechter der Stadt Bern, Seite: 6 S.922) Quelle: Schweiz: Historisches Lexikon der Schweiz
3) Quelle: Schweizerisches Geschlechterbuch, Seite: 2 S.611
4) Quelle: Merian-Ahnen aus dreizehn Jahrhunderten, Seite: S.647
5) Quelle: Deutscher Biographischer Index, Seite: II 1441, 103-107
6) Quelle: Aarau: Wappenbuch der Stadt Aarau (mit Abrissen zu den Bürgergeschlechtern), Seite: Zehender S.313
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