man‎Stammlinie Tavel‏‎

Quellen zur Person 1) 2) 3) 4)
Ministerialen- und Gerichtsherrengeschlecht der Waadt.
Grossratsfamilie des Freistaats Bern.
Burgerrecht 1629.
Grosser Rat 1657.
Ursprung: Waadtland

Geschichtliches.
I. Vor Eintritt in das bernische Burgerrecht.

Der Name v. Tavel und Tavel ist im Waadtland von drei
verschiedenen Familien geführt worden, welche unter sich gar
keine Stammverwandtschaft haben. Die älteste Familie dieses
Namens blühte im XIII. und XIV. Jahrhundert zu Vivis und
war ihrerseits wahrscheinlich irgendwie mit den bekannten 1550
erloschenen Tavelli in Genf und später im Wallis stammverwandt,
von ihr bat die heutige Familie v. Tavel nach deren
Erlöschen Namen und Wappen weitergeführt. Die dritte Familie
endlich, kurzweg «Tavel» genannt, ist noch heutzutage
in Bern, Genf und namentlich Peterlingen vertreten, wo sie
schon seit langer Zeit bestanden hat.

Höchst wahrscheinlich ist die hier zu behandelnde Familie
«v. Tavel» ein Zweig der uralten, längst ausgestorbenen
Freiburgerfamilie v. Illens (Illingen), deren Wappen in rot ein
goldenes Andreaskreuz war. Im XII. und XIII. Jahrhundert
scheint dieser Zweig der Illens die erbliche Mestralie der Stadt
Rue im heutigen Kanton Freiburg bekleidet und ihr Stammwappen
mit demjenigen von Rue - einem schwarzen Rad -
belegt zu haben, um sich von den übrigen Mitgliedern ihrer
Familie zu unterscheiden. Ihr ursprünglicher Name v. Illens
fiel in Vergessenheit und ihre Mitglieder wurden nach ihrem
Amt kurzweg «Mestral de Rue» genannt, welcher ursprüngliche
Amtstitel in der Folge zum eigentlichen Familiennamen
wurde.

Die sogenannte «Mestralie» bestand in der Ausübung und
Handhabung der Polizei und einer gewissen Gerichtsbarkeit,
ein einträgliches Amt, welches in vielen waadtländischen Städten
und Ortschaften vom Landesherrn einer Familie lehensweise
vergeben wurde. Der «mestral» (zu deutsch Ammann) gehörte
noch zum Ministerialadel, trotzdem er unter dem «chastelain»
(Kastlan) stand. In der Waadt sind besonders die zwei Familien
der «Mestral de Mont» und der «Mestral de Rue»
auf diesen Ursprung zurückzuführen, erstere zerteilten sich
später in die Mestral de Cottens et Cuarnens, Mestral
d'Aubonne und Mestral d'Aruffens, Wuillerens, St.Saphorin
und Pampigny, letztere in die Mestral de Combremont und in
die heutigen v. Tavel, infolge nochmaliger Namensänderung.

Die ersten «Mestral de Rue», die urkundlich vorkommen,
sind Pierre Mestral de Rue 1155 bei einem Vorkommnis
zwischen dem Kloster Hautcret und Garnerius v. Palezieux,
dann Guibert M. de R. 1181, Cono, in einer Urkunde von
1199 Ministral des Herrn Cono v. Rue genannt, endlich
Nicolaus um 1250, der der Vater von Humbert gewesen
sein soll, auf welchem die Stammfolge der v. Tavel
ununterbrochen zurückgeführt werden kann. Humbert Mestral de
Rue, gest. 1307, war 1267 Zeuge und 1271 Schiedsrichter mit
Wilhelm v. Illens und hinterliess nach einer Urkunde von 1307
Jordan, Johann und Nicolas.
Johann hatte seinerseits fünf Söhne, Amade, Rolet,
Jaquet, Pierre und Willerme, welch letzterer Stammvater
des später Metral de Combremont genannten Astes der
Familie wurde.
Jordan dagegen, der mehrmals in Urkunden erscheint
und 1323 tot war, vermählte sich um 1310 mit Isabelle v.
Tavel, Tochter Johanns v. Tavel, Donzel zu Vivis und
seiner Frau Rolette, mit welcher er zwei Söhne Rolet und
Mermet und eine laut Urkunde von 1337 mit Perronet
Bochonens verheiratete Tochter Alexie zeugte. Rolet und
Mermet kommen in Dokumenten aus der ersten Hälfte des
XIV. Jahrhunderts ziemlich häufig vor und zwar werden sie
in zwei Lehensreversen von 1342 «Rolet und Mermet de
Vevey, Gebrüder und Söhne der Isabelle de Tavel», in
einem solchen von 1344 und einem Lehensbrief von 1347
dagegen «Rolet und Mermet de Tavel, Gebrüder und
Söhne Jordans Mestral de Rue» genannt. Der Name «de
Tavel» blieb ihnen, trotzdem sie noch zusammen mit ihren
oben erwähnten Vettern die Mestralie von Rue vom Grafen
von Savoyen zu Lehen trugen.

Mit Jaquette Thorrens von Milden vermählt, hinterliess
Rolet drei Söhne, Peter, Wuillerme und Rolet und eine
mit Hugonnet Bugniard aus Vivis vermählte Tochter; von
den Söhnen hatte aber keiner Deszendenz, laut Lehensrevers
von 1386 tragen sie den vierten Teil der Mestralie von Rue
von Amadeus v. Savoyen zu Lehen - auch unter dem Namen
«v. Tavel».
Mermet dagegen, gest. 1365, mit Margaretha Major v.
Bossonens vermählt, hinterliess vier Töchter und zwei Söhne,
von denen Rolet (s.u.) verheiratet mit Jeannette v. Bex und
Margaretha v. Marchie, von seiner ersten Frau einen einzigen
Sohn, Peter, gest. 1455, hatte, von dessen sechs Kindern
auch nur Johann, gest. 1478, verh. 1456 mit Bartholomea
de la Naz, Deszendenz hinterliess und so der nähere Stammvater
aller späteren, im XVII. und XVIII. Jahrhundert ziemlich
verzweigten v. Tavel wurde.

Seinen Anteil an Rechten und Einkünften der Mestralie
Rue, (er besass den vierten Teil derselben), verkaufte obiger
Peter 1432 um 30 Pf Laus. an Peter Mestral de Rue,
bei dessen Familie nun die ganze Mestralie verblieb; 1532
wurde dieselbe an Bern verkauft und 1537 erwarb dieser Zweig
die Herrschaft Combremont le grand, nach welchem er
sich fortan Mestral de Combremont nannte.
Durch die Heirat Jordans mit Isabelle v. Tavel kamen
seine Nachkommen in immer häufigere Beziehungen zu Vivis,
wo sie sich von der Mitte des XV. Jahrhunderts an schliesslich
ganz festsetzten und während 200 Jahren bis zu ihrem Eintritte
in das Bernische Burgerrecht in der Magistratur sassen und
sehr häufig das Venneramt bekleideten. Ungefähr um 1400
erloschen die alten v. Tavel zu Vivis und um diese Zeit mögen
die neueren v. Tavel ihr Wappen mit demjenigen ihrer Stammutter
Isabelle ecartetiert haben, nämlich mit 3 (2, 1) goldenen
Adlern in schwarz. (Die Tavelli im Wallis führten die gleichen
Adler, aber in blau).
Nachdem sie ihre früheren Besitzungen bei Rue aufgegeben
hatte, erwarb die Familie im Lauf dieser Periode die
Herrschaften St. Martin de Vaud, Corsier, Wuillens ca. 1588, Lussy
ebenfalls ca. 1588, Soveillane, Denens 1613, Villars sous Yens
u.a. mehr, von denen namentlich Lussy, Wuillens und Denens
sehr lange Zeit bei ihr verblieben.

Allianzen schlossen die v. Tavel während ihres Bestehens
in der Waadt u.a. mit den v. Bex, v. Combremont, v. Chissey
Gonel, v. Harracourt aus Lothringen, v. Illens, Joffrey, v. Lucinges,
Loys, v. Lutry, Maillardoz, Major v. Bossonens, v. Marchie, de
Mellet, de Murs, de la Naz, v. Passu, Salvard aus Genf, Torney,
v. Wuippens etc.; ferner in späterer Zeit, als sie schon das
bernische Burgerrecht besass, mit den v. Aubonne, v. Blonay,
Cerjeat, Chandieu, v. Gingins, Polier, Wuillermin.

Besonderer Erwähnung verdient aus dieser Periode namentlich:
Rolet (13.. - 1481), Hauptmann auf Tourbillon im Wallis
im Dienste der Herzogin Bona v. Bourbon, Regentin von Savoyen,
1404 Statthalter des bailli de Vaud, 1420 Kastellan nach Corsier,
bischöflicher Landvogt zu Lausanne 1422, Deputierter des Herzogs
von Savoyen nach Kerzers an die Berner anlässlich einer
Grenzberichtigung 1424, Kastellan nach Gierolles 1431.

II. Zeit nach Eintritt in das bernische Burgerrecht.
Erster Inhaber desselben ist Gamaliel 15.. - 1658, Herr
zu Lussy und Wuillens, Urenkel Johanns und der Bartholomea
de la Naz. Er war Ratsherr, Venner und Kastlan zu Vivis,
1588 mit Louise v. Wuippens und 1598 mit Anna
Salvard aus Genf verehelicht und wurde am 31. Januar 1629
mit seinen beiden verheirateten Söhnen Abraham und Jakob
um 800 Kronen zum Burger von Bern aufgenommen, zugleich
mit Jaques François Joffrey, Herrn zu Bellestruches,
ebenfalls aus Vivis.
Am 30. April 1684 wurde sodann Junker Estienne
(Stephan) v. Tavel, Herr zu Villars, Lussy und Denens,
geb. 16.., gest. 1667 ebenfalls zum Burger angenommen.
Derselbe war ein Sohn des Venners zu Vivis Michael v. T.
15.. - 1640. Herrn zu Denens, Mitherrn zu Villars sous Yens,
Corsier und St. Martin de Vaud, und seiner ersten Frau
Autoinette v. Lustrach (Lutry), und Enkel von Franz
v. T. 15.. - 159. Ratsherrn zu Vivis und der Catharina
Loys, des älteren Bruders obigen Gamaliels. Stephan
vermählte sich in Bern 1648 mit Elisabeth v. Diesbach,
gelangte 1651 als erster seines Namens in den Grossen Rat und
war 1657 bernischer Geschäftsträger in Lyon. Von seiner
Gemahlin hatte er zwei Töchter und sechs Söhne, von denen
Gerhard (16.. - 1706), vermählt 1698 mit Helena Wuillermin
von Monnaz Deszendenz hinterliess. Dieser ältere Ast
der Familie, obschon in der Folge vielfach mit bernischen
Familien verwandt und verschwägert hielt sich im Gegensatz
zum Jüngern (s.u.) meist auf seinen Gütern im Waadtland auf
und erlosch anfangs des XIX. Jahrhunderts.
Der obgenannte Jakob, gest. 1657, Mitherr zu Lussy und
Wuillens, hinterliess von Ursula v. Joffrey Deszendenz, die
aber 1731 ausstarb; sein älterer Bruder Abraham dagegen,
Mitherr zu Lussy und Wuillens, Venner und Kastlan zu Vivis,
1622 mit Anna v. Salis-Soglio aus Bündten verheiratet,
hinterliess einen Sohn Michael, Herrn zu Lussy, gest. 1656 als
bernischer Offizier bei Villmergen, dessen mit Maria
v. Graffenried erzeugter Sohn Johann Rudolf (1655 - 1704), Herr
zu Cuarnens, ganz in den Dienst der Republik Bern trat, des
Grossen Rates und bernischer Landvogt nach Neuss wurde und
näherer Stammvater aller heutigen v. Tavel ist. Seine vier
Söhne nahmen Frauen aus den Familien Tillier, Tscharner,
Thormann und v. Muralt und gelangten auch alle in die
Regierung und bekleideten Landvogteien, so dass sie und ihre
Deszendenz sich in kürzester Zeit vollständig mit dem bernischen
Patriziat assimilierten. Es ist dies ein Fall, der bei keiner
andern Waadtländerfamilie vorgekommen ist, in geringerem Masse
allenfalls bei den von Gingins und v. Goumoens.

Während des ganzen XVIII. Jahrhunderts fortwährend im
Grossen Rat der Republik vertreten - in den Kleinen Rat
gelangte freilich erst 1824 Franz Rudolf v. T. - widmeten
sich die meisten Angehörigen der Familie der Magistratur.
Viele traten auch in fremde Dienste, so namentlich in französische,
holländische und piemontesische. Seit Mitte des XIX. Jahrhunderts betätigen
sich Vertreter der Familie vor allem in akadem. Berufen.

Von Grundbesitz dieser Linie ist namentlich anzuführen:
Schloss und Herrschaft Hofwil und Moosseedorf (1793 - 98),
das Monbijougut, der Steinibach bei Belp, die Herrschaft
Kruyningen in Holland, im XVIII., und im XIX. Jahrhundert der
Rain bei Bern, das Multengut in Muri, eine Zeitlang das Schloss
Bümpliz etc., in der Waadt die Herrschaft Cuarneus 1663 bis
1719 und Fechy seit ca. 1805.

Der ältere, erloschene Ast der Familie, der sich vorzugsweise
in der Waadt aufhielt, besass Denens 1613 - 1814, Lussy,
Villars und Wuillens ebenfalls bis zu Anfang des XIX.
Jahrhunderts.

Das Wappen der Familie ist ein gevierteilter Schild, in 1
und 4 drei goldene ausgebreitete Adler in schwarz (Wappen
der alten v. Tavel zu Vivis), in 2 und 3 ein goldenes
Andreaskreuz auf rot (lUens) belegt mit einem schwarzen Rad (Rue);
die Helmzier fünf Straussenfedern, die äussersten rot, die mittlere
gelb uud die beiden andern schwarz; Schildhalter: zwei schwarze
goldbewehrte Adler mit roter Zunge. Adage: Prudence.

Heutiger Grundbesitz: Städtische Grundstücke, Rubigen,
ein Gut in der Schosshalde, ein Gut bei Münsingen (Uelisbrunnen),
Fechy bei Rolle.

Besonderer Erwähnung verdienen: Jakob Franz (1729-178.)
des Grossen Rates 1764, Gleitsherr 1774, einer der
Begründer und tätiges Mitglied der ökonomischen Gesellschaft,
Besitzer des Monbijou; Franz Karl (1801 - 1865), zuerst
Ulanenoffizier in Preussen, 1832 Vertreter Berns an der
Tagsatzung, Vizepräsident des Regierungsrates 1834, Schultheiss
und Präsident der Tagsatzung 1835, Schultheiss 1837 und 1846.

Zunftangehörigkeit: Pfistern, Die Familie besitzt noch
heutzutage neben dem bernischen auch das Bürgerrecht zu Vivis.
(Info: SGB)

weiterführende Info: HLS Wiki

Verheiratet / Verbunden mit:

N.N.‎
Kinder:
1.
manHumbert Mestral de Rue‏
Geb. ‎vor 1277.
Gest. ‎1307‎, Alter mindestens 30 Jahre
weiterführende Info: Archiv
Beschreibung 1

2.
manJohannes Tavel‏

Beruf: Vogt zu Vivis


Quellen

1) Quelle: Bern: Genealogien burgerlicher Geschlechter der Stadt Bern, Seite: 5 S.218
2) Quelle: Schweiz: Historisches Lexikon der Schweiz
3) Quelle: Schweizerisches Geschlechterbuch, Seite: 2 S.555 / 6 S.697
4) Quelle: Freiburg: Ahnentafeln von Freiburger Familien
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